Als am Sonntagabend kurz nach 23 Uhr die Lichter im Stade de France angingen, war die Party abrupt beendet. Der Stecker war gezogen, und es kam, was immer in solchen Situationen kommt: Ein Kater, gepaart mit einer ordentlichen Portion Müdigkeit. Wie einst Giovanni Trapattoni sagte: Flasche leer. Ich kannte das von früheren Grossanlässen – vor allem von Olympischen Spielen, weil es für mich persönlich im Sport seit meiner Premiere in Sydney 2000 nichts Grösseres gibt. Nun kann ich sagen: Die Paralympics rangieren ebenfalls ganz weit oben.
Für mich persönlich war Paris 2024 eine enorm bereichernde neue Erfahrung. Als Teil des Medienteams von Swiss Paralympic war es mein Ziel gewesen, mitzuhelfen, die Visibilität zu erhöhen und so viele Stories für unterschiedlichste Medien wie möglich zu schreiben. Ich bin zufrieden, es waren am Ende über 20 Artikel, für kleinere Zeitungen aber auch für etliche der grössten des Landes. Dazu kamen ein halbes Dutzend Vorschauen und Wettkampfberichte für Sportverbände und viele kürzere und längere News für meinen ehemaligen Arbeitgeber Keystone-SDA. Besonders gerne geschrieben habe ich hier diejenigen über 2000 Zeichen – das bedeutete nämlich jeweils, dass ich über eine Medaille berichtete. Angenehmer Nebeneffekt: Ich habe gesehen, dass ich als Journalist immer noch in einen flow kommen kann.
27 Athlet:innen umfasste die Schweizer Delegation und ich habe mich mit allen bereits im Vorfeld mindestens einmal unterhalten. Damit konnte ich mein bescheidenes Vorwissen in der Materie aufpolieren und musste anschliessend am Tag X mit meinen Fragen nicht mehr bei Adam und Eva beginnen. Und umgekehrt kannten sie alle immerhin schon mein Gesicht vor den wichtigsten Wettkämpfen ihrer Karriere.
Nach den elf Wettkampftagen kann ich mich den Voten mehrerer Exponenten aus der Szene definitiv nur anschliessen: Para-Sport ist Hochleistungssport.. Wer gesehen hat, wie viele internationale Medienschaffende sich jeweils um Catherine Debrunner, Marcel Hug oder Manuela Schär scharten, der weiss, welchen Starstatus gerade dieses Tiro geniesst.
Den Weg gewiesen hat das französische Publikum, das keinen Unterschied machte zwischen olympischer und paralympischer Bewegung. Es empfing die Para-Famlie mit riesiger und herzlicher Begeisterung, und wenn die Athlet:innen der «equipe tricolore» im Einsatz standen, gab es weder beim Para-Taekwondo noch beim Blindenfussball und schon gar nicht vor 80000 Fans bei der Para-Leichtatheltik ein Halten. Hätte ich den Pamir aus Militärzeiten noch, er hätte mir gute Dienste geleistet. Zwei Unterschiede zu sonst: Auch Einheimische, die keinen Erfolg hatten, wurden gefeiert und es wurden nicht ein einziges Mal ausländische Cracks ausgebuht. Da habe ich am French Open in Roland Garros schon ganz anderes erlebt.
Ich durfte bei mehr als der Hälfte der 21 Schweizer Medaillen live in den verschiedenen Stadion sein, dazu bei zahlreichen Diplomen und weiteren starken Leistungen von Mitgliedern des Swiss Paralympic Team. Meine Hochachtung ist vor allen gross, ich habe einen Einblick erhalten, was sie alles investiert haben und ich konnte dabei meinen Horizont erweitern. Höhentrainingslager, längere Aufenthalte im Ausland, Tüfteleien am Material, etc. – und das alles mit nur limiterter Aussicht auf grosse finanzielle Einnahmen. Dafür mit Herzblut à discrétion. In allen Gesprächen, ob nach Erfolgen oder Enttäuschungen, habe ich zudem die Freude der Athlet:innen gespürt, Teil dieser einmaligen Erfahrung zu sein. Und: Viele weitere Geschichten hätten es ebenfalls verdient gehabt, geschrieben zu haben.
Mit drei Tagen Abstand und langsam wieder mit gefüllten Batterien, kann ich sagen: Ich bin extrem froh über diese 16 Tage in Paris, sie waren ein einziger grosser Highlight auf meinem journalistischen Weg. Für die Zukunft erhoffe ich mir, dass vermehrt auch ausserhalb von Paralympics über sportliche Grosstaten von Para-Cracks berichtet wird, und dass diese Erfolge auch dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft punkto Inklusion weitere nötige Fortschritte macht. Das ist ein langer Weg.
Ob als Fan oder als Schreiber: Ich freue mich auf weitere Geschichten und kommende Grosstaten der Exponent:innen des Swiss Paralympic Team. Die nächsten dürften schon bald folgen – an der Rad-WM in Zürich. Schaut vorbei!